
Unternehmensgeschichte: Airbnb, das Startup
Dem arbeitslosen Gründer Brian Chesky kam die Idee zu Airbnb damals in San Francisco, als er dringend und schnell Geld benötigte. Er konnte seine eigene Miete sonst nicht bezahlen. Ein Einkommen hatte er nicht, da er gerade erst nach Kalifornien umgezogen ist und sich eigentlich an einem Cornflakes-Startup versuchen wollte.
Zeitgleich war in San Francisco die weltweit bekannte Salesforce-Konferenz, die Verkäufer und Geschäftsführer aus der ganzen Welt anzieht. Das Ergebnis: Es waren kaum freie Hotelzimmer zu finden (übrigens eine Situation, die ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann: Zu dieser Situation kommt es in SF immer noch alle paar Wochen). Also kam Brian die zündende Idee: Ich werfe ein paar Luftmatratzen (Airbeds) auf den Boden und serviere kostenloses Frühstück (Breakfast) für 80 USD (72 Euro). Nur wenige Stunden nachdem er seine Website live geschalten hatte, fanden sich drei zahlende Gäste. Das Unternehmen trägt noch immer den Titel des ehemaligen Geschäftsmodells: Airbnb bedeutet "Airbed and breakfast".
Airbnb entsteht aus Airbed and Breakfast — Luftmatratze und Frühstück
Airbnb war unglaublich disruptiv, und ist es immer noch. Die Schwierigkeit in den Jahren nach der Gründung war Folgendes: Niemand traute sich, wildfremde Menschen bei sich zuhause übernachten zu lassen. Die Idee war geradezu verwerflich. Was, wenn das Räuber oder Mörder sind? Die rauben meine ganze Einrichtung. Und du möchtest, dass ich zu der gleichen Zeit noch nicht einmal selbst zu hause anwesend bin? Kannst du dir vorstellen, eine komplett Fremde Person bei dir in der Wohnung eine Woche lang leben zu lassen? Meine Antwort: Nur, wenn die Person von Airbnb vermittelt wurde und bereits zig 5-Sterne-Bewertungen hat.
Für mich ist Airbnb eine klassische Startup-Geschichte aus San Francisco: Eine Idee aus der Not, die ein echtes Problem auf eine sehr kreative Art und Weise löst (Airbnb war 2008 – 2010 extrem kontrovers und umstritten, wildfremde und möglicherweise sogar aggressive/stehlende/psychisch kranke Menschen bei sich übernachten zu lassen). Gründer mit einem ausgesprochenen Kundenfokus, Mut (Brian hat sein Cornflakes-Startup komplett aufgegeben und auch Luftmatratzen hat er komplett aufgegeben) und eine Geschichte über unnachgiebigen Hustle in unzählbaren Konflikten mit der Hotel-Lobby und komplexer lokaler Regulatorik. Ich sehe daher auch die Zukunft sehr positiv.
Börsengang am 9. Dezember 2020. Obwohl sich Airbnb im "Zentrum des Corona-Sturms" befindet, steigt die Aktie mehr als 100% am Tag des Börsengangs. Für mich ist eines klar: Auf Airbnb Aktien haben sehr viele Investoren das ganze Jahr gewartet. Mit einer Marktkapitalisierung von knapp 100 Mrd. ist Airbnb wertvoller als die meisten Immobilien-REITs und doppelt so wertvoll wie Marriott International.
▲ Airbnb war der am meisten erwartete Börsengang des Jahres 2020. Obwohl Airbnb im Zentrum der Tourismusbranche ist und von COVID-19 stark getroffen wurde, explodierte die Aktie am Tag des Börsendebuts: Plus 114%. Von 48 USD auf 146 USD pro Aktie. Airbnb wurde ironischerweise exakt inmitten der Finanzkrise 2008 gegründet. Für den Gründer Brian Chesky hat sich das voll ausgezahlt: Denn gerade in einer Krisenzeit achtet man besonders stark auf Kosten. Günstige Immobilien kommen dann wie gerufen. Airbnb und Brian Chesky beeindrucken mich aber mit etwas ganz anderem: Ernsthaftigkeit, einem klaren Weg zur Profitabilität und Flexibilität: Die Corona-Reaktion von Airbnb war hervorragend. In wenigen Wochen haben sie die Webseite neu umgestaltet. Jetzt wird für Dauervermietung geworben (mehrere Monate zur Miete) und Wochenend-Urlaubszimmer in der Nähe. Genau das Richtige, um aus der verstaubten Wohnung rauszukommen. Und weil wir von zuhause arbeiten dürfen, können wir nun auch von jedem beliebigen Ort der Welt aus arbeiten.




▲ Brian Chesky, Gründer und Geschäftsführer von Airbnb.
▲ Airbnb agiert schnell: In Coronazeiten gibt es Online-Experiences und lokale Adventures. Uns wird zuhause langweilig. Wir wollen rausgehen, was erleben. Airbnb hat das passende Angebot. Ein weiteres Argument für den Ausruf "Es gibt keine schlechten Branchen, nur unkreative Unternehmer".
▲ Im AAQS IPO-Score erreicht Airbnb nur 4 von 10 Punkten, dank Corona-Effekt. Zwei Punkte fehlen alleine, weil das Umsatzwachstum jetzt in 2020 fehlt. Weitere zwei Punkte fehlen, weil das Unternehmen erst ab 2022 profitabel werden wird. Der pre-Corona-Plan war, schon 2021 profitabel zu werden. Der Corona-Effekt ist wie eine Zeitdilatation um ca. zwei Jahre nach hinten: Alles, was eigentlich 2020 geplant war, das wird erst 2022 erreicht. Achtung: Das ist nicht der "normale" AAQS-Score.
▲ Airbnb ist ein sehr eindeutiger Fast Grower. Der Gewinn wächst schnell, das Geld wird investiert und vorerst gibt es keine Dividenden. Fast Grower soll man kaufen, wenn die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass das Wachstum gehalten werden kann.
▲ Airbnb im AlleAktien DCF Modell. Hier seht ihr meine Annahmen: 32% Umsatzeinbruch 2020. Rückkehr zu normalem Wachstum ab 2021, welches dann zügig erst auf 20% (bis 2030) und ab dann auf 10% pro Jahr abflachen wird. Bei diesen Annahmen landet man bei einer Überbewertung von mehr als 28%, und einem klaren "nicht zeichnen" bzw. "nicht kaufen" beim aktuellen Kurs. Das Hauptproblem war also, dass die Aktie direkt nach dem Börsengang so stark in die Höhe geschossen ist. Denn zu ca. 60 Mrd. USD Marktkapitalisierung wollte Airbnb doch ursprünglich an die Börse gehen.
▲ Airbnb wirbt jetzt mit "Go Near". Mach Urlaub in der Nähe, raus aus der langweiligen Bude. Und trifft damit perfekt den Nerv der Zeit. Unternehmen mit solch einer Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind einfach nur beeindruckend. Darwin sagt so schön: "Es sind nicht die stärksten oder intelligentesten Spezies, die überleben, sondern die anpassungsfähigsten". Bei Firmen ist es ebenso.