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Lexikon

Nettofinanzverschuldung

Die Nettofinanzverschuldung (auch Nettofinanzverbindlichkeiten genannt) ist eine Kennziffer, die den Netto-Schuldenstand eines Unternehmens ausdrückt. Es handelt sich dabei um eine Kennzahl aus der Bilanz eines Unternehmens, die einfach gesprochen die "tatsächlichen Schulden" eines Unternehmens offen legt.

Kernpunkte

  1. Die Nettofinanzverschuldung gibt Aufschluss über die finanzielle Stabilität eines Unternehmens.
  2. Die Kennzahl gibt die tatsächlichen Schulden eines Unternehmens wieder.
Die Nettofinanzverschuldung lässt sich am Beispiel einer Privatperson gut erklären.

Übertragen auf eine Privatperson

Um das ganz einfach zu erklären übertragen wir die Schulden in einem Beispiel auf eine Privatperson. Wir nehmen an, die Person hat Schulden in Form von Kreditkartenschulden, Dispositions- und Autokredit, sowie einer Immobilienfinanzierung. Diese werden auf die Schulden aufsummiert und von allen liquiden Mitteln, also Bargeldvermögen, Vermögen auf dem Girokonto abgezogen. (Mit diesem Vermögen könnte in der Theorie jederzeit zumindest ein Teil der Schulden zurückgeführt werden.)

VerschuldungBetrag
Kreditkarte
1.600 EUR
Dispositionskredit
1.000 EUR
Autokredit
20.000 EUR
Immobilienkredit
100.000 EUR
Summe Schulden
122.600 EUR
Liquide Mittel
Betrag
Bankkonto
5.000 EUR
Bargeld
800 EUR
Summe liquide Mittel
5.800 EUR

Um nun die Nettofinanzverschuldung zu ermitteln ziehen wir die Summe aller liquiden Mittel, hier: 5.800 EUR von der Summe aller Schulden, hier: 122.600 EUR ab. Übrig bleiben 116.800 EUR als Nettoverschuldung der Person.

Berechnung der Nettofinanzverschuldung

Generell werden für die Berechnung folgende Werte verwendet:

Nettofinanzverschuldung
Beschreibung
zinstragende Verbindlichkeiten
kurzfristige Finanzverbindlichkeiten und langfristige Finanzverbindlichkeiten wie Anleihen, Bankkredite, Schuldscheindarlehen
+ ggf. Pensionsrückstellungen
wenn diese außergewöhnlich hoch sind, sonst meist zu vernachlässigen
+ ggf. Rückstellungen
wenn diese außergewöhnlich hoch sind, sonst meist zu vernachlässigen
- liquide Mittel
Flüssige Mittel bzw. Kassenbestand, flüssige Mittel als Finanzanlagen
=Nettofinanzverschuldung

Anwendung in der Praxis

Die Nettofinanzverschuldung ist eine sogenannte Verschuldungskennziffer und gibt Aufschluss über die finanzielle Stabilität von Unternehmen. Eine solide Firma zeichnet sich dadurch aus, dass sie ihre Verschulung jederzeit in einem angemessenen Zeitraum theoretisch zurückführen könnte. Welcher Zeitraum hier als "angemessen" anzusehen ist, muss von Branche zu Branche differenziert werden. Um eine bessere Aussagekraft zu erhalten, sollte die Nettofinanzverschuldung dem EBITDA ins Verhältnis gesetzt werden. Aus diesem Grund ist die Kennziffer der Nettofinanzverschuldung im Verhältnis zum operativen Gewinn von besonderer Bedeutung.

Entscheidend ist dabei nicht nur die aktuelle Ertragskraft des Unternehmens, sondern auch mit welcher Verlässlichkeit die Gewinne erzielt werden. Daher ist es wichtig, zusätzlich zum aktuellen Verschuldungsverhältnis einen Blick auf die Gewinnstabilität der vergangenen Jahre zu werfen.

Unternehmen mit einer geringen Nettofinanzverschuldung werden im Investment-Grade-Bereich bewertet.

Als Daumenregel gilt: Sofern die Nettofinanzverschuldung kleiner als der vierfache operative Gewinn (EBIT) ist, gilt ein Unternehmen als solide finanziert und erhält in der Regel das begehrte Investment-Grade-Rating. Unternehmen, die im Investment-Grade-Bereich bewertet sind, haben typischerweise eine jährliche Ausfallwahrscheinlichkeit von unter einem Prozent.

Außerdem wird die Nettofinanzverschuldung benötigt, um im Rahmen einer Aktienbewertung oder Unternehmensbewertung zu ermitteln, ob eine Aktie bzw. ein gesamtes Unternehmen tendenziell unter- oder überbewertet ist. Der Unternehmenswert (auch: "Enterprise Value") ist der Gesamtwert eines Unternehmens oder einer Aktiengesellschaft. Auf die Marktkapitalisierung wird die Nettofinanzverschuldung des Unternehmens addiert.

Der Enterprise Value eliminiert verzerrende Effekte bei der Unternehmensbewertung, indem die Kapitalstruktur eines Unternehmens neutralisiert wird. Egal ob ein Unternehmen stärker mit Eigenkapital oder mit Fremdkapital arbeitet, in den Enterprise Value wird jede Art von eingesetztem Kapital eingerechnet. Dadurch wird eine bessere Vergleichbarkeit von Unternehmen bei der Aktienbewertung erreicht.

Die Nettofinanzverschuldung wird außerdem verwendet, um den fairen Unternehmenswert ("Enterprise Fair Value") einer Aktiengesellschaft zu ermitteln. Der Fair Value ist eine Messgröße für den Wert eines Unternehmens, unabhängig von seiner Finanzierung und ergibt sich aus der Marktkapitalisierung + Nettofinanzverschuldung.

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