Vorabpauschale 2024: Was du über die Steuer wissen musst
Zu Beginn des Jahres 2024 rückt ein steuerliches Thema in den Fokus der Anlegergemeinde: die Vorabpauschale. Dieses Verfahren, erstmals 2018 im Rahmen des Investmentsteuergesetzes eingeführt, wird nun in seiner vollen Tragweite sichtbar. Die InvestmentWeek beleuchtet die Auswirkungen dieser Steuerregelung auf ETFs und andere Investmentfonds und gibt Einblick in die damit verbundenen Veränderungen für Anleger.
Der Einstieg in die Welt der Vorabpauschale
Die Vorabpauschale, eine Art steuerliches Damoklesschwert, schwebt seit 2018 über dem Markt. Doch erst jetzt, im Jahr 2024, wird sie greifbar – dank des gestiegenen Basiszinssatzes der Bundesbank. Diese Steuerregelung, die bei 0 oder negativem Zinssatz in der Warteschleife hing, trifft nun auf die Anleger. Ihre Anwendung und Auswirkungen erfordern eine genaue Betrachtung.
Was ist die Vorabpauschale?
Diese steuerliche Vorschrift zielt darauf ab, Erträge aus Investmentfonds und Exchange Traded Funds (ETFs) vorzeitig zu besteuern. Konkret bedeutet dies, dass Anleger Steuern auf (theoretische) Gewinne ihrer thesaurierenden ETFs entrichten müssen, wenn diese Gewinne realisiert werden und der persönliche Freibetrag ausgeschöpft ist. Die Vorabpauschale ist damit ein Instrument zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Besteuerung von ausschüttenden und thesaurierenden Fonds.
Die Funktionsweise der Vorabpauschale
Im Kern handelt es sich bei der Vorabpauschale um einen fiktiven Ertrag, der zu Jahresbeginn versteuert wird. Die Besonderheit: Die bereits entrichtete Steuer wird bei einem Verkauf des ETFs oder Fonds angerechnet, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Der eigentliche Steuerakt tritt also früher ein, im Falle eines Wertzuwachses.
Fälligkeit und Berechnung
Die Vorabpauschale wird jeweils zu Beginn eines Jahres für das vorangegangene Jahr fällig. Für die im Januar 2024 anfallende Pauschale werden somit die Erträge aus 2023 herangezogen. Eine wichtige Besonderheit: Ein "Gewinn" für die Zwecke der Vorabpauschale kann auch dann vorliegen, wenn ein ETF zwar insgesamt Verluste aufweist, sich jedoch im Laufe des Jahres verbessert hat.
Konsequenzen für Anleger
Diese steuerliche Neuerung bringt eine Reihe von Implikationen mit sich. Zum einen müssen Anleger sicherstellen, dass ausreichend Mittel auf dem Verrechnungskonto vorhanden sind, um die Vorabpauschale abzudecken. Zum anderen bedarf es einer erhöhten Aufmerksamkeit hinsichtlich der Performance der eigenen Investments, da selbst eine relative Verbesserung bei anfänglich negativer Performance steuerliche Folgen nach sich ziehen kann.
Ein kritischer Blick
Die Einführung der Vorabpauschale ist ein zweischneidiges Schwert. Sie zielt auf eine gerechtere Besteuerung ab, bringt aber zugleich eine gewisse Komplexität und zusätzliche Belastungen für die Anleger mit sich. Es wird spannend sein zu beobachten, wie sich diese Steuerregelung auf das Investitionsverhalten auswirkt und ob sie den angestrebten Effekt einer gleichmäßigeren Besteuerung tatsächlich erreicht.
Nachdem wir im ersten Teil den Hintergrund und die Bedeutung der Vorabpauschale beleuchtet haben, widmen wir uns nun der eigentlichen Herausforderung: der Berechnung. Es ist an der Zeit, die Mathematik hinter dieser Steuerregelung zu entschlüsseln, um Ihnen, unseren Lesern, eine klare Vorstellung davon zu geben, wie sich die Vorabpauschale auf Ihre Investments auswirkt.
Schritt für Schritt zur Vorabpauschale: So wird sie berechnet
- Überprüfung des Gewinns: Zuerst wird festgestellt, ob Ihr ETF zwischen dem 01.01.2023 und dem 01.01.2024 einen Gewinn verzeichnet hat. Dies ist die Grundvoraussetzung für die Anwendung der Vorabpauschale. Dabei ist die Höhe des Gewinns irrelevant – entscheidend ist das Vorhandensein eines Gewinns, unabhängig von seiner Größe.
- Berechnung auf Basis des Anfangswerts: Nehmen wir an, Ihr ETF hat zu Beginn des Jahres 2023 einen Wert von 1000€. Dieser Wert wird mit dem Basiszinssatz (2023: 2,55%) multipliziert, was einen Betrag von 25,50€ ergibt. Dieser Wert wird dann mit 0,7 multipliziert, um die Vorabpauschale zu ermitteln, die in diesem Fall 17,85€ beträgt.
- Anwendung der Teilfreistellung: Bei Aktien-ETFs, die den Großteil der Anlegerportfolios ausmachen, muss nur ein Teil der Einnahmen versteuert werden. In unserem Beispiel bedeutet dies, dass von den errechneten 17,85€ nur 70% versteuert werden, was zu einer tatsächlichen Steuerlast von 12,50€ führt.
- Die Faustformel: Für je 1000€ in Ihrem ETF müssen etwa 12,50€ versteuert werden. Wichtig ist hierbei, den jährlichen persönlichen Freistellungsauftrag bei Ihrem Broker zu berücksichtigen, um diese Steuerlast zu optimieren.
- Ohne Freistellungsauftrag: Falls kein Freistellungsauftrag genutzt wird, kommt die Abgeltungsteuer von 26,375% (plus eventuell Kirchensteuer) zum Einsatz. Dies führt zu einer Steuer von etwa 3,30€ pro 1000€ ETF-Wert.
- Vorsorge auf dem Verrechnungskonto: Um unerwartete Abbuchungen zu vermeiden, sollte auf dem Verrechnungskonto ein ausreichender Betrag zur Deckung dieser Steuern vorhanden sein, sofern der Freistellungsauftrag nicht genutzt wird.
Ein praxisnaher Blick auf die Vorabpauschale
Diese Berechnung zeigt deutlich, dass die Vorabpauschale, obwohl sie auf den ersten Blick komplex erscheint, in der Praxis gut handhabbar ist. Die Einführung dieser Steuerregelung erfordert von den Anlegern eine gewisse Anpassung und Vorsicht, vor allem in Bezug auf die Verwaltung ihrer Freistellungsaufträge und die Bereitstellung von Mitteln auf dem Verrechnungskonto.
Im Rahmen unserer Serie zur Vorabpauschale widmen wir uns nun den Sonderfällen, die Anleger besonders interessieren dürften: den ETF-Sparplänen und der Handhabung großer Depots. Die Berechnung der Vorabpauschale für Sparpläne weist einige Besonderheiten auf, die ein genaues Verständnis erfordern. Zudem beleuchten wir, wie sich die Steuer bei größeren Anlagesummen auswirkt.
Sparpläne und die anteilige Vorabpauschale
Bei ETF-Sparplänen wird die Vorabpauschale nicht für das gesamte Jahr berechnet, sondern anteilig. Wenn Sie beispielsweise im Februar einen Sparplan einrichten, fällt die Pauschale nur für elf Monate an, da der Sparplan nicht das ganze Jahr über lief. Bei einer Einmalanlage zur Jahresmitte würde entsprechend nur die Hälfte der Vorabpauschale berechnet. Diese anteilige Berechnung macht es notwendig, dass Anleger ihre individuelle Situation genau betrachten, um die anfallenden Steuern richtig einzuschätzen.
Der entscheidende Basiszins für die Vorabpauschale
Der Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank spielt eine zentrale Rolle bei der Berechnung der Vorabpauschale. Ein historischer Vergleich verdeutlicht dies: Bei einem Basiszins von 5% würde die Vorabpauschale je 1000€ in einem ETF 24,50€ betragen, was zu einer Steuer von 6,46€ führen würde. Dies unterstreicht die Bedeutung des Basiszinses und die potenziellen Auswirkungen auf die Steuerlast.
Der Freistellungsauftrag als Schlüsselinstrument
Der Freistellungsauftrag ist ein wichtiges Instrument für Anleger, um die Steuerlast zu mindern. Seit 2023 steht jedem Anleger in Deutschland ein Sparerpauschbetrag von 1000€ jährlich zur Verfügung. Dieser Betrag kann auf verschiedene Depots verteilt werden, sollte aber insgesamt die Grenze von 1000€ nicht überschreiten. Interessant ist, dass bei einem Basiszins von 2,55% ein Depot im Wert von ca. 80.032€ vollständig von der Vorabpauschale befreit werden kann.
Berechnung für größere Depots
Für größere Depots ist es wichtig, einen ausreichenden Betrag für die anfallenden Steuern zurückzulegen. Broker handhaben fehlende Mittel auf dem Verrechnungskonto unterschiedlich, es ist also ratsam, sich im Vorfeld zu informieren und entsprechend vorzusorgen, um Dispozinsen zu vermeiden.
Im weiteren Teil unserer Serie zur Vorabpauschale für das Jahr 2024 behandeln wir einige spezielle Fragen und Szenarien, die für Anleger von Bedeutung sind. Diese vertiefte Analyse soll Ihnen helfen, das Thema Vorabpauschale in all seinen Facetten zu verstehen.
Einzelaktien und die Vorabpauschale
Zuallererst ist zu klären, dass die Vorabpauschale ausschließlich auf Investmentfonds inklusive ETFs anfällt. Investitionen in Einzelaktien sind von dieser Regelung nicht betroffen. Dies ist eine wichtige Unterscheidung, die Anleger beachten sollten.
Wichtige Punkte zur Vorabpauschale
- Freistellungsauftrag: Stellen Sie sicher, dass Ihr Freistellungsauftrag bei Ihrer Depotbank hinterlegt ist. Dies kann die Steuerbelastung mindern.
- Verrechnungskonto: Achten Sie darauf, dass zu Beginn des Jahres 2024 ausreichend Guthaben auf Ihrem Verrechnungskonto vorhanden ist, um die Vorabpauschale abdecken zu können.
Wann wird keine Vorabpauschale fällig?
- Bei ausreichendem Betrag im allgemeinen Verlustverrechnungstopf.
- Wenn ein ausreichender Freistellungsauftrag für 2024 vorliegt.
- Bei Vorliegen einer NV-Bescheinigung.
Vorabpauschale bei Thesaurierenden und Ausschüttenden Fonds/ETFs
- Die Vorabpauschale fällt sowohl bei thesaurierenden als auch bei ausschüttenden Fonds/ETFs an.
- Bei ausschüttenden Produkten werden Dividendenzahlungen auf die Vorabpauschale angerechnet und können diese mindern oder sogar komplett ersetzen.
Aktivwerden wegen der Vorabpauschale
- In der Regel bucht Ihre Depotbank die Steuer Anfang Januar automatisch ab. Sorgen Sie für ausreichende Deckung auf Ihrem Verrechnungskonto.
Seit wann gibt es die Vorabpauschale?
- Die Regelung gilt seit dem 1. Januar 2018.
Anrechnung der Vorabpauschale in der Zukunft
- Die Vorabpauschale wird bei einem späteren Verkauf des ETFs angerechnet und vermeidet so eine Doppelbesteuerung.
Verrechnung der Vorabpauschale mit Verlusten
- Die Vorabpauschale kann mit Verlusten aus ETF-Verkäufen verrechnet werden, aber nicht mit Verlusten aus Einzelaktien.
Vorabpauschale bei „Zugewinnen“ trotz Minus
- Auch bei einer relativen Verbesserung eines ETFs oder Fonds, die im Minus steht, fällt die Vorabpauschale an.
Berechnungsbeispiel für Ausschüttende ETFs
- Bei ausschüttenden ETFs wird die Dividende auf die Vorabpauschale angerechnet, was zu einer möglichen Reduzierung der zu zahlenden Steuer führt.